Medikamentöse Therapie

Desmopressin zur Therapie des Bettnässens

Desmopressin (genauer Desmopressinacetat = DDAVP= 1-Desamino-8-dArginine Vasopressin) ist eine synthetisch hergestellte Substanz, die dem körpereigenen Hormon ADH = Adiuretin = Antidiuretisches Hormon (veraltete Bezeichnung: Vasopressin) nachempfunden und ihm sehr ähnlich ist. Desmopressin bewirkt, ähnlich wie das Hormon selbst, die Verringerung der Harnbildung in der Nacht und kann als Therapie bei Enuresis / Bettnässen eingesetzt werden.
Desmopressin wird derzeit vertrieben unter dem Markenamen MINIRIN®, Nocutil®, Desmopressin Teva® und Desmotabs® . Minirin Melt®, ein orales Lyophilisat –  ist eine schnell auflösende „Tablette“, die auf oder unter die Zunge gelegt wird. Der Vorteil dieser Verabreichungsform ist eine höhere Bioverfügbarkeit, eine niedrigere Dosis an Desmopressin ist notwendig mit gleicher Erfolgsrate, wie bei den bekannten Darreichungsformen, eine höherer Compliance und man geht davon aus, dass auch das Risiko der Hyponatriämie geringer ist. 2 Sprühstöße Minirin® Spray (nicht mehr empfohlen) = 1 Tablette 0,2mg = 1 Minirin Melt® 120µg.

Anticholinergika: (Medikamente, die die Impulsübertragung des Nerven auf den Muskel beeinflussen):
Bei Vorliegen einer zu geringen Blasenkapazität kommen Anticholinergika zum tragen. Oxybutinin senkt die Harnmenge und damit den Harndrang, entspannt aber auch die Blase. Auch Propiverin mindert die Muskelspannungen in der Blase und reduziert auf diese Weise den Harndrang. Bei Kindern zugelassene Wirkstoffe sind Oxybutynin, Propiverin und ab dem 12. Lebensjahr Trospiumchlorid. In Deutschland wird wegen geringerer Nebenwirkungsraten bevorzugt Propiverin verwenden. Diese Medikamente sollten nicht ohne Absprache mit einem Kinder- und Jugendarzt angewendet werden.

Nächtlicher Adiuretinspiegel zu gering

Bei bettnässenden Kindern ist der Adiuretin-Spiegel (Desmopressin) nachts häufig zu gering. Daraus resultiert, dass die Nieren mehr Urin produziert und das kann die Blase in der Nacht nicht fassen.  Schläft ein Kind besonders tief in der Nacht und wacht nicht auf, trotz voller Blase, entleer sich diese im Schlaf. Mit Hilfe von Dessmopressin kann man die nächtliche Urinproduktion senken und somit vielen bettnässenden Kindern auf medikamentösem Weg helfen. Eine medikamentöse Behandlung mit Desmopressin ist erfolgversprechend, wenn der Arzt festgestellt hat, dass es sich

  • um eine primäre Enuresis handelt,
  • eine Häufung des Bettnässens in der Familie vorkommt und
  • das Kind nachts viel einnässt (viele Eltern berichten, dass ihr Kind, wenn es eingenässt hat, im Bett „schwimmt“ …).

Wichtig

Etwa vier Wochen dauert es, bis sich die individuelle Dosis für den Patienten herausgestellt hat; im Mittel sind dies 0,2 bis 0,4 mg peroral oder 10 bis 40 µg nasal am Abend. Bei Erreichen von Trockenheit setzt man die Therapie weitere vier bis acht Wochen lang mit der niedrigsten erforderlichen Dosierung fort. Ein erster Absetzversuch lohnt sich nach etwa zwölf Wochen. Bei vielen Kindern scheint die intranasale Applikation besser anzuschlagen, ist aber weniger beliebt. Die Wirkung tritt sehr schnell nach der Applikation ein. Wie fast jedes Medikament ist auch Desmopressin nicht frei von Nebenwirkungen.  Nur selten haben die Patienten mit Nebenwirkungen zu kämpfen, schlimmstenfalls aber mit einer gefürchteten Hyponatriämie mit Wasserintoxikation. Daher darf in der Beratung keinesfalls der Hinweis fehlen, dass die Kinder ab einer Stunde vor bis acht Stunden nach der Anwendung von Desmopressin nur bei quälendem Durst trinken dürfen. Auch eine übermäßige Aufnahme von Flüssigkeit während der Behandlung (Achtung: Schwimmsport; hier besteht die Gefahr, dass die jungen Patienten viel Wasser schlucken) ist gefährlich. Bei Erbrechen und Durchfall muss man die Anwendung solange unterbrechen, bis der Flüssigkeitshaushalt wieder im Lot ist, außerdem bei Kopfschmerzen, Gewichtszunahme, Krämpfen und selbstverständlich Koma. Dies sind alles Anzeichen einer Wasserretention mit oder ohne Hyponatriämie (Beeinflussung des Natriumhaushaltes).